Ich bin dann mal weg…

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Nein, nicht für immer!

Aber nun habe ich eure Aufmerksamkeit, oder? :D
Ich habe lange gezögert und überlegt, wie ich diesen Text verfassen soll und was da alles rein gehört. Ihr wisst, dass ich nie ein großes Geheimnis aus meiner privaten Situation gemacht habe und eigentlich soll das auch so bleiben. Grundsätzlich stehe ich für Offenheit und Transparenz, damit habe ich in meinem Leben die besten Erfahrungen gemacht.

20220415_073007Ich bin schon lange nicht mehr glücklich. Das, was hier die letzten Jahre (nicht) passiert ist, ist in der Tat ein ganz guter Spiegel meiner Verfassung. Zwar habe ich immer wieder versucht, neue Ziele ins Auge zu fassen, aber meist bin ich über meine eigenen Beine gestolpert und musste mir eingestehen, dass ich nicht so kann wie ich will.

Viele von euch wissen sicherlich, dass ich zwei Herzinfarkte in den letzten Jahren hatte. Den ersten 2011 und den zweiten sechs Jahre später. Nach dem ersten Infarkt bin ich ins absolut tiefste Loch meines Lebens gefallen und habe fast zwei Jahre lang mehr oder weniger auf den Tod gewartet.
So absurd das klingt und ja, ich weiß, dass manche Menschen nach so einem Erlebnis “wach” werden und anfangen zu leben – bei mir war es anders. Ich wusste, dass ich genetisch vorbelastet bin, weil meine halbe Familie früh am Herzinfarkt verstorben ist, aber ich habe es verdrängt, wollte das nicht wahrhaben und dachte, mich trifft das ganz sicher nicht. Aber es hat mich eben doch getroffen und eingeholt.

bbDanach war nichts mehr so wie vorher. Mein ganzes Leben hat sich verändert, und auch wenn ich immer versucht habe, neue Wege zu gehen oder Ideen zu schöpfen, so merkte ich, dass ich nach und nach immer mehr von dem verloren habe, was sich Lebensqualität nennt.
Ich bin kurz darauf zweimal in der Psychsomatik gewesen und das hat mir geholfen, neuen Mut zu haben und Perspektiven zu schaffen. Daraus ist übrigens CC-FEET entstanden.

Aber ich bin ehrlich: Es ging immer weiter bergab, ganz langsam aber stetig. Der nächste Infarkt, Juttas Tod, meine Ma ist gestorben und dann kam Corona, was mir wirklich den letzten Rest gegeben hat.
Über Monate alleine hier zu sitzen, die Wand anzustarren und nur eine Frage zu haben: “Wozu?”

Ich wusste, dass ich ganz dringend was tun musste, habe es allerdings einfach weiter aufgeschoben und gedacht, ich kriege das irgendwie wieder hin. Aber die Akkus waren leer, insbesondere meine sozialen Akkus. Das soziale Grundrauschen fehlte mir komplett. Meinen Job als DJ konnte ich während Corona natürlich nicht machen und seit diesem Jahr steht fest, dass der Club auch gar nicht mehr öffnen wird. Einer von vielen Läden, die in der ganzen Zeit dicht gemacht haben.

20220615_2052573Vielen Menschen ist es in den letzten zwei Jahren ähnlich scheiße gegangen. Selbst wenn man sich hätte Hilfe holen wollen, musste man bei manchen Therapeuten und Kliniken Wartezeiten von bis zu zwei Jahren in Kauf nehmen.

Ich habe mich Anfang des Jahres dazu entschieden, nochmal für eine längere Zeit in die Klinik zu gehen, weil ich das alleine nicht mehr schaffe, ganz simpel. Mittlerweile muss ich die Hälfte meiner Termine immer wieder absagen, bin mega unzuverlässig geworden, öffne meine Mails manchmal eine Woche lang nicht – und das geht auf Dauer einfach gar nicht. Das ist kein Leben für mich, das ist höchstens “überleben” und abwarten. Aber es fällt nichts vom Himmel, worauf man warten könnte.

Ich bin ziemlich frustriert, deprimiert und habe wieder viel zu oft Angst vor den normalsten Sachen der Welt. Noch komme ich irgendwie klar und bin nicht ganz am Ende, wie vor langer Zeit schon mal, aber es ist allerhöchste Zeit, etwas dagegen zu tun.
Vorgespräche und alles drumherum habe ich hinter mir und jetzt steht auch soweit fest, dass ich irgendwann im Oktober für 3 Monate “weg” bin.

20220323_2Erreichbar bin ich natürlich trotzdem, den Shop betreue ich weiter, wenngleich ich darum bitte, etwas Geduld aufzubringen. Ich kann dann nicht immer sofort antworten oder Dinge regeln, aber ich glaube, das dürfte klar sein.

Unterm Strich ist mir folgende Botschaft am wichtigsten:
Ich habe nie die Lust verloren oder je geplant, die Seiten sterben zu lassen. FP und CCF sind für mich wichtige Aspekte in meinem Leben und es schmerzt mich selbst am meisten, wenn ich sehe, wie wenig Kraft und Mut ich letztlich aufbringen kann und konnte.
Ein Leben ohne FP gibt es für mich nicht, aber FP gibt es eben auch nicht ohne meine Lebendigkeit – und daran werde ich in den nächsten Monaten arbeiten.

Und wenn ich durch diese Zeilen jemandem Mut gemacht habe, sich selbst um einen Therapieplatz zu bemühen, dann freut mich das umso mehr. Nichts ist trauriger als ein Leben ohne Inhalte.

<3